Anfang Juni kam die Historikerin, Ägyptologin und Straubinger Kollegin Birgit Gigler extra zu uns nach Passau, um uns Stadtführern das Grab des Sennedjem näher zu bringen und uns auch Einiges über das Alte Ägypten zu erzählen.

Im Grab des Sennedjem
Momentan findet im Römermuseum Boiotro in der Innstadt die Sonderausstellung mit diesem Grab statt und so nutzten wir gerne die Gelegenheit, mehr darüber zu erfahren.
Los ging es mit der allgemeinen ägyptischen Geschichte:
Durch das widrige Klima und die drohende Desertifikation des Landes waren Ober- und Unterägypten gezwungen, gut zusammen zu arbeiten und die künstlichen Bewässerungen entlang des Nils waren nur durch eine straffe staatliche Organisation des Landes zu schaffen, was durch den Pharao als oberste Instanz garantiert wurde.

Der Baum des Lebens (Sykomore) nährt Sennedjem und seine Frau
Dadurch, dass aber rund um Ägypten entweder Wüste oder Meer war, konnte es sich fast vollkommen isoliert vom „Rest der Welt“ entwickeln. Die Angst vor dem Klimawandel saß tief in den Ägyptern und man wollte die Götter und somit die Natur um einen herum gnädig stimmen und daher verstand man auch den Tempelbau als einen Nachbau der Natur. So entsteht z.B. durch richtig angeordnete Lotuspflanzen und -blüten sowie Papyrus ein Tempel in der Form einer Basilika (also haben wir gewissermaßen den Alten Ägyptern die Form unseres Stephansdomes zu verdanken).
Nun aber zu den Gräbern der Ägypter:
Die Seele möchte eine Heimstatt und dies war das Grab. Nach dem Tod glaubten die Ägypter, kämen sie vor ein jüngstes Gericht, das über die Reinheit der Seele zu bescheiden hatte. Der Tote musste die 42 Gaugötter beim Namen kennen, beichten und dann kam das Herz auf eine Waagschale und wurde gegen eine Feder aufgewogen. Die Darstellung eines Totenbuches (das bei Sennedjem zum ersten Mal in einem Privatgrab zu finden war) stellte gewissermaßen einen Reiseführer durch Unterwelt dar und half dem Verstorbenen, das Paradies leichter zu finden.

Birgit Gigler erklärt das Verhältnis von Sennedjem zu seiner Frau
Das Grab zeigte uns auch, dass wohl Sennedjem und seine Frau eine relativ gleichberechtigte Ehe geführt hatten, denn sie schien ihn ganz gut im Griff gehabt zu haben.
Alles in allem erfuhren wir, dass das Christentum viel bei den Ägyptern „abgekupfert“ hatte, wir also auch viel mehr mit ihnen gemeinsam haben, als wir gemeinhin glauben, aber auch, wie wir ein solches Grab „lesen“ können und wie wir uns besser in die Gedankenwelt der Ägypter hineinversetzen können. Wir lernten aber auch, dass die Ägypter mit der Natur lebten, keinen Raubbau mit ihr trieben und deren Gaben auf das Höchste schätzten und nicht als selbstverständlich ansahen.
Ein durch und durch lehrreicher und kurzweiliger Nachmittag – Danke, Birgit!