
Anneliese Stang zeigte ihren Gästen die italienischen Seiten von Passau. (Foto: Eva Lang)
Denkt man an Passau, kommen einem unwillkürlich die drei Flüsse in den Sinn. Und was für einen schöneren „Lieblingsort“ könnte es geben, als den „Ort“!? So heißt der Ort nämlich ganz offiziell, an dessen Spitze, der Ortsspitze, sich Donau, Inn und Ilz treffen. Dieser Ort musste also beim Motto „Lieblingsorte“ unbedingt gezeigt werden – Kollegin Christine Königseder führte dort am 23. März.
Als Passauer Stadtführer e. V. haben wir uns dazu entschlossen, den auf den Weltgästeführertag folgenden Sonntag für diese bundesweite Aktion zu nutzen. Insgesamt haben sich bei uns zehn Kolleginnen und Kollegen engagiert. Über ein Ticketsystem auf der Homepage konnten wir den Ansturm für die sehr unterschiedlichen Lieblingsorte-Führungen besser abschätzen: Draußen, im Kloster, Rathaus etc. waren unsere Guides unterwegs mit ihren Gästen.
Neben der Dreiflüssestadt ist Passau u. a. als „bayerisches Venedig“ bekannt. Dafür sorgt nicht nur das Dreiflüsseeck, das wie eine Halbinsel zwischen Donau und Inn liegt. In Passau waren auch viele italienische Baumeister am Werk, die für das italienische Flair sorgten. Anneliese Stang zeigte „ihr“ italienisches Passau.

Teresa Winderl führte durch die Krankenhauskapelle, deren Ausmalungen beeindruckend sind. (Foto: Stephan Brunner)
Ein großer Teil der neueren Stadtgeschichte ist in komprimierter Form in den Rathaussälen zu sehen. Hier führten Franziska Lindinger und Harri Gohla. Von der allegorischen Darstellung der drei Flüsse im kleinen Rathaussaal über die farbenprächtigen Glasfenster im großen Rathaussaal – hier gibt es einige Details zu entdecken! Beispielsweise hat sich Historienmaler Ferdinand Wagner in seinem Gemälde vom Einzug Kriemhilds in die Stadt selbst verewigt.
Starke Frauen waren das Thema bei Veronika Anetzberger im Kloster Niedernburg. Bevor zum Beispiel die selige Gisela hier Äbtissin wurde, war sie Königin von Ungarn. Ihr Mann, König Stephan I. war durch den Passauer Bischof Pilgrim getauft worden; gemeinsam trugen sie zur Christianisierung Ungarns bei.
Auch die Grafen von Hals, einst vor den Toren der Stadt, hatten europaweiten Einfluss. Heute ist Hals für viele Passauer der Lieblingsstadtteil. Die Halserinnen, Veronika Steinhofer und Rosemarie Waldherr, zeigten hier ihre Lieblingsorte. Im Hochwasser von 2013 wurde beispielsweise St. Achatius stark beschädigt, die Halser Wallfahrtskirche am Ufer der Ilz erstrahlt heute wieder in neuem Glanz.
Etwas wenig Beachtung findet die Krankenhauskapelle aus den 1920er Jahren. Freilich, niemand geht freiwillig ins Krankenhaus – aber bei genauerer Betrachtung ist die Kapelle mit ihren überlebensgroßen Heiligenfiguren von Georg Philipp Wörlen, ein Lieblingsort von Mitarbeitern und Patienten gleichermaßen! Es ist ein Wunder, dass dieses Kleinod nicht der Kunstpolitik der Nazis zum Opfer gefallen ist. Die Figuren, ohne Perspektive gemalt, wurden als entartet eingestuft und in der Lokalzeitung heftig kritisiert.

Uni-Archivar Mario Puhane hat Glück: Sein Lieblingsort ist gleichzeitig sein Arbeitsplatz. Hier erklärt er seiner WGFT-Gruppe ein Kunstwerk am Campus. (Foto: Eva Lang)
Aktuell zeigt übrigens das Museum Moderner Kunst in Passau eine Wörlen-Retrospektive, das sein Sohn Hans Egon Wörlen vor 30 Jahren eröffnet hat. Bei der Krankenhauskapelle handelt es sich um das einzig öffentlich zugängliche Werk des Künstlers, das Teresa Winderl als „Lieblingsort“ präsentiert hat.
Kann es etwas Schöneres geben!? Für Uni-Archivar und Stadtführer-Kollege Mario Puhane ist sein Arbeitsplatz gleichzeitig sein „Lieblingsort“. Nicht umsonst wurde der Campus Passau 2009 zum schönsten Campus Deutschlands gekürt. Auch Günter Albrecht führte über das Uni-Gelände und setzte seinen Fokus dabei auf die bauliche Entwicklung der jüngsten Universität Bayerns. Dort wo heute Studierende in den Hörsälen oder auf der Innwiese büffeln, befanden sich früher ein Schlachthof, Kasernengebäude und Gewerbebetriebe.
Egal, ob von Menschen Hand oder der Natur geschaffen. Unter dem diesjährigen Motto „Lieblingsorte“ haben wir als Passauer Stadtführer die ganze Bandbreite der Kunst des Führens gezeigt und unseren Berufsstand repräsentiert. Die Resonanz unserer insgesamt 230 Gäste am Weltgästeführertag fiel jedenfalls durchwegs positiv aus und das, obwohl es Petrus an diesem Sonntag leider nicht allzu gut mit uns gemeint hat.
Dieser Artikel erschien im Cicerone 01-2020, dem Mitgliedermagazin des BVGD auf den Seiten 28 und 29.